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Déjeuner sous arbres

Im grünen Bereich

„Der Wald ist das neue Kaffeehaus!“, sagte M., als er im April 2020 von einem Spaziergang zurückkehrte. Anstatt zum Billardspielen hatte er sich mit einem Freund im Wald verabredet und dabei festgestellt, dass es auf manchen Wegen gar nicht so einfach war, zu den entgegenkommenden Wanderern Abstand zu halten.

„Der Wald ist das neue Kaffeehaus!“ Dieser Satz gefiel mir. Als kurze Zeit später im Radio die Nachricht kam, dass Parkplätze an beliebten Ausflugszielen wegen Überfüllung geschlossen wurden, entstand die Idee, einen Tisch zu gestalten, an dem sich zwei Menschen im Abstand von mehr als 1,5 Metern gegenüber sitzen.
In mir war ein Bild entstanden. Vielleicht hatte der eine den anderen zu einem besonderen Treffen eingeladen, um ihm seinen Lieblingsplatz abseits der bekannten Ausflugsziele zu zeigen?
Un rendez-vous sous les arbres.

Begegnung unter Bäumen

Es sollte ein mobiler Tisch werden, den man sowohl im Innen- als auch im Außenraum nutzen kann. Ich entwarf ein Triptychon aus drei Massivholztafeln, die eine Person allein von der Wand nehmen und zu einem Tisch zusammenbauen kann.

Meine Arbeiten beschäftigen sich oft mit dem Werkstoff Holz und seinem Ursprung, dem Baum.

Im Juli 2021 wurde der Triptychon-Tisch zum ersten Mal im Habichtswald bei Kassel für eine Performance genutzt. Dabei entstanden eine Fotoserie und ein Video.

Tischgespräche

In der Kunstausstellung „Déjeuner sous arbres“ möchte ich an diesem Tisch mit Menschen ins Gespräch kommen oder anderen die Möglichkeit dazu bieten.
Waren Sie in den letzen beiden Jahren häufiger oder seltener „im Grünen“ als früher?
Was haben Sie erfahren oder beobachtet?
Vielleicht lässt uns auch jemand an seinem Fachwissen über den Wald, seinen Zustand oder eine bestimmte Holzart teilhaben.

Der Prozess – aus dem Wald in den Wald

Am Anfang stand ein Gang durch den Bergpark, auf den eine Entwurfszeichnung für ein Triptychon folgte: Durch ein grafisches Geflecht von Ästen öffnet sich ein Blick in den Himmel.
Mit Kettensäge und Schnitzeisen wurde die Zeichnung in Massivholztafeln aus Lindenholz geschnitten und in einem tiefen Blauton gefasst.
Danach verließ der Tisch das städtische Atelier. Zunächst wurde er in den Wald und später in den Ausstellungsraum des Kasseler Kunstbalkon gebracht. Im August 2021 wurden in der Ausstellung „Déjeuner sous arbres“ neben dem Triptychon-Tisch die Fotos und das Video, die kurz zuvor bei der Performance im Habichtswald entstanden waren, gezeigt.

Die Produzentengalerie Kunstbalkon e. V. ist zentral gelegen. Weitere Galerien, die Kunsthochschule und die Karlsaue befinden sich in unmittelbarer Nähe. Die Frankfurter Straße bringt Güter und Menschen per Auto, Bus oder Straßenbahn in die Stadt. Vor dem Schaufenster der Galerie bewegt es sich beständig von rechts nach links – und umgekehrt. Untermalt wird diese fließende Bewegung von den Geräuschen der Stadt.
Betrat man die Kunstausstellung „Déjeuner sous arbres“, waren Vogelstimmen zu hören. Sobald man sie wahrgenommen hatte, begleiteten sie einen zu dem Monitor, auf dem das Video aus dem Habichtswald zu sehen war.

Nicht weit entfernt

Besonders in den Jahren 2020 und 2021 bot ein Waldspaziergang vielen Menschen die Möglichkeit, sich zu erholen oder Freunde zu treffen. Die Sehnsucht nach der Natur ist in uns verankert. Das spüren wir besonders dann, wenn ein Mangel besteht.
Es ist immer ein wichtiger Moment, wenn ein Bedürfnis spürbar wird. Meist folgt kurze Zeit später eine Tat. Doch für welche entscheiden wir uns?

Zum Menschsein gehört auch die Sehnsucht nach Kultur, nach Gestaltung und gemeinsamen Werten.
Daher ist es interessant zu beobachten, wie wir unsere Umgebung formen. Zum Beispiel dort, wo wir am meisten Einfluss haben: in unseren Gärten, Gebäuden und Wohnungen. Welche Trends sind gerade aktuell und mit welchen Mitteln (und Surrogaten) wird auf das Bedürfnis nach Naturnähe geantwortet?